Angelique Kerber wird am 18. Januar 1988 in Bremen geboren. Im Alter von drei Jahren zieht die Familie um nach Kiel. Dort beginnt sie mit dem Tennisspielen. Großes Talent entwickelt sie aber auch beim Schwimmen.
Die Familie wohnt über der Tennishalle, in der Kerber mehr und mehr ihr Talent unter Beweis stellt. Trainiert wird sie von ihrem aus Polen stammenden Vater Slawek. Mit 15 Jahren wird sie deutsche Jugendmeisterin und wiederholt diesen Erfolg in der Altersklasse U18 im Jahr darauf. Nach der Mittleren Reife wird sie schon 2003 Profi-Tennisspielerin.
Aller Anfang ist schwer: Mühsam muss sich Kerber auf der ITF-Tour etablieren und Punkte für die Weltrangliste sammeln. 2006 erreicht die deutsche Nachwuchshoffnung in Hasselt erstmals das Hauptfeld eines WTA-Turniers.
Na bitte: 2007 feiert Kerber vier Einzel- und zwei Doppel-Siege auf der ITF-Tour. Es folgt ein erster Achtungserfolg auf der WTA-Tour. In den Niederlanden schafft sie beim Rasenturnier in s'Hertogenbosch den Einzug in die Runde der besten Acht.
Und es geht weiter bergauf: Im selben Jahr gibt sie ihr Debüt im Hauptfeld eines Grand-Slam-Turniers. Doch die French Open sind für sie schon nach der ersten Runde vorbei. Auch in Wimbledon und bei den US Open scheitert die kampfstarke Norddeutsche mit polnischem Pass an ihren Auftakthürden.
2007 wird Kerber erstmals ins Fed-Cup-Team berufen. Auch der Sprung in die Top 100 der Weltrangliste gelingt. Am Ende des Jahres belegt sie Platz 84. Der steile Aufstieg gerät in der Saison darauf allerdings etwas ins Stocken, obwohl sie auf der WTA-Tour zwei Achtelfinals erreicht.
2009 sorgen Verletzungen für einen bitteren Rückschlag. Zu Beginn des Jahres zieht sich Kerber eine Knieverletzung zu, die sie vier Monate außer Gefecht setzt. "Technisch und konditionell war danach alles weg", erzählt sie später. Der Absturz aus den Top 100 ist nicht zu verhindern; Kerber fühlt sich am Scheideweg ihrer Karriere: "Ich glaube, ich wusste nicht genau, was ich will; ich hatte nie den richtigen Plan."
2010 sieht die Welt schon wieder besser aus. Kerber macht weiter - und wie es scheint, besser denn je. Auch bei den Grand Slams lässt sie aufhorchen, erreicht zu Beginn der Saison bei den Australian Open in Melbourne und später auch in Wimbledon jeweils die dritte Runde...
... und zieht in Bogota erstmals in ein Endspiel auf der WTA-Tour ein. Dort muss sie sich zwar der kolumbianischen Lokalmatadorin Mariana Duque Marino in zwei Sätzen geschlagen geben, aber der Aufwärtstrend ist unverkennbar. Zumal sie später in der Saison auch ins Halbfinale beim Turnier in Luxemburg stürmt.
Dem Höhenflug folgt 2011 ein kapitaler Absturz. Die Karriere hängt am seidenen Faden, die Tennisspielerin stellt sich selbst in Frage. Nach der Erstrunden-Niederlage in Wimbledon - der zwölften der Saison - rätselt sie: "Es gibt drei Möglichkeiten: So weitermachen wie bislang, etwas Grundlegendes ändern oder mit dem Tennis aufhören."
Kerber erholt sich im Tenniscenter "Angie" ihrer Großeltern im polnischen Puszczykowo und erkennt, was ihr der "weiße Sport" bedeutet. Die Kielerin macht nicht nur weiter, sondern wechselt auch in die Tennisakademie der früheren Profis Alexander Waske und Rainer Schüttler nach Offenbach, wo auch ihre Freundin Andrea Petkovic trainiert.
Dort nimmt sich Coach Benjamin Ebrahimzadeh (hier im Gespräch mit Bundestrainerin Barbara Rittner) ihrer an und bringt die verunsicherte Profisportlerin binnen kurzer Zeit wieder in Form. Kerber: "Ich habe noch nie so hart trainiert wie in den Wochen zwischen Wimbledon und den US Open. Es war eine richtige Schinderei."
Höhenflug statt Ende der Karriere. Kerber wird nach ihrem unverhofften Triumph gefeiert. "Aus einer mitunter ängstlich auftretenden Spielerin ist ein selbstbewusster Profi geworden", schreibt "Die Welt". Das Rampenlicht gefällt ihr zwar immer noch nicht besonders, aber das neue Selbstbewusstsein ist unverkennbar.
2012 geht es weiter bergauf. Der neue Trainingsplan und der Verzicht auf die geliebten Süßigkeiten zahlen sich aus. In der Vorbereitung auf die Australian Open erreicht sie in Auckland und Hobart jeweils die Vorschlussrunde, bevor sie Anfang Februar beim Hallenturnier in Paris ihren ersten Turniersieg auf der WTA-Tour feiert. Im Endspiel bezwingt sie die Französin Marion Bartoli mit 7:6, 5:7, 6:3.
Und es geht so weiter: Wenige Wochen später siegt Kerber auch in Kopenhagen. Im Finale bezwingt "Angie" ihre dänische Freundin Caroline Wozniacki mit 6:4, 6:4. Beide fahren schon mal gemeinsam in den Urlaub.
Enttäuschungen und Durchhänger gehören zu großen Karrieren dazu. Das weiß auch Angelique Kerber, die sich trotzdem in der Beletage des Tennis etabliert. Im Mai 2012 erreicht sie erstmals die Top Ten der Weltrangliste. Im Juni 2012 eilt Kerber bei den French Open von Sieg zu Sieg und erreicht zum zweiten Mal in ihrer Karriere das Viertelfinale eines Grand-Slam-Turniers.
Kerbers Willen, Kampfkraft und spielerische Klasse bekommt auch Fed-Cup-Kollegin Sabine Lisicki zu spüren. Die selbsternannte "Rampensau" und die eher introvertierte Kielerin liefern sich im Viertelfinale von Wimbledon ein packendes Duell, das Kerber in drei Sätzen für sich entscheidet. Erst in der Vorschlussrunde unterliegt sie der Polin Agnieszka Radwanska.
Auch beim olympischen Tennisturnier in London läuft es zunächst prächtig. Kerber gewinnt unter anderem gegen Venus Williams und muss sich erst im Viertelfinale der Weltranglisten-Ersten Victoria Azarenka geschlagen geben.
Wenige Wochen später gelingt ihr im Vorfeld der US Open in Cincinnati der erste Sieg gegen Serena Williams, die im direkten Vergleich zuvor 19 Mal unbesiegt geblieben war. Im Finale muss sich Kerber aber der Chinesin Li Na beugen. Durch den Viertelfinal-Einzug in Peking schafft sie jedoch erstmals die Qualifikation für die WTA-Weltmeisterschaft, an der die besten acht Spielerinnen der Saison teilnehmen.
In Istanbul fühlt sich Kerber (3.v.r.) nach einer tollen Saison erstmals im Kreis der acht besten Spielerinnen der Welt sichtlich wohl. Die Vorfreude der Kielerin bekommt allerdings einen Dämpfer, als sie das Abendkleid gegen den Tennis-Dress tauscht. Sie verliert am Bosporus alle drei Vorrunden-Partien.
2013 bleibt Kerber, die in Linz ihren dritten Turniersieg auf der Tour feiert, beständig in den Top Ten und löst erneut das Ticket für das WTA-Finale in Istanbul. In der Türkei gelingt zwar der erste Sieg bei der Tennis-WM, aber das erneute Vorrunden-Aus kann sie nicht verhindern.
2014 beginnt in Sydney gleich mit dem ersten Finaleinzug. Bei den Australian Open erreicht sie wie im Jahr zuvor das Achtelfinale und zieht in Doha gegen Simona Halep abermals erst im Finale den Kürzeren. Die Hoffnung auf ihren vierten Turniersieg muss sie im Sommer dann auch beim Rasenturnier in Eastbourne und bei der Hartplatzveranstaltung in Stanford im Endspiel begraben.
In die neue Saison startet Kerber mit Viertel- und Halbfinalteilnahmen in Brisbane und Sydney eigentlich gut. Doch ausgerechnet beim ersten Saison-Höhepunkt bringt die Kielerin ihr Können nicht auf den Court und scheitert bei den Australian Open überraschend in Runde eins. Die Enttäuschung sitzt tief.
Kerber rutscht aus den Top Ten und muss ihr Wirken wieder einmal komplett überdenken. Trainer Benjamin Ebrahimzadeh muss gehen; die frustrierte Schleswig-Holsteinerin kehrt zu ihrem früheren Coach Torben Beltz (r.) zurück. Es folgt die Wende in Charleston, wo sie im April gegen die US-Amerikanerin Madison Keys den vierten Titel holt - den ersten auf Sand.
Und es geht so weiter: Nur zwei Wochen später lässt sie in Stuttgart - wieder auf Sand - ihren fünften Triumph auf der WTA-Tour folgen: Im Finale kämpft sie Caroline Wozniacki mit 3:6, 6:1, 7:5 nieder. Danach bekennt sie: "Ich hätte niemals gedacht, dass Sand einmal mein Lieblingsbelag werden könnte, aber im Moment ist er das."
Aber es klappt auch auf Rasen: In Birmingham feiert sie Titel Nummer drei des Jahres 2015. Auf dem Weg zum Sieg räumt sie im Halbfinale auch Sabine Lisicki aus dem Weg. Im Endspiel schlägt Kerber Karolina Pliskova (Tschechien). Und denkt schon an den nächsten Coup ...
Der folgt in Stanford, wo sie im Jahr zuvor noch im Finale gescheitert war. In der kalifornischen Universitätsstadt gelingt der vierte Turniersieg des Jahres 2015 - es ist der siebte ihrer Karriere. Restlos zufrieden ist die Kielerin trotzdem nicht, denn die Grand-Slam-Saison verläuft wieder nicht nach Plan. In Australien muss sie schon in Runde eins passen, und auch danach ist mehr als die dritte Runde nicht drin.
In Hongkong verliert Kerber im Finale gegen Jelena Jankovic mit 6:3, 6:7 (4:7), 1:6, qualifiziert sich aber trotzdem für das WTA-Finale der besten acht Spielerinnen. In Singapur ist die Schleswig-Holsteinerin dann so dicht wie nie am Einzug ins Halbfinale. Doch am Ende muss sie wie schon 2012 und 2013 nach der Vorrunde die Koffer packen.
2016 zeigt Kerber starke Frühform. In Brisbane erreicht sie das Finale, das sie gegen Victoria Azarenka verliert. Am 30. Januar ist sie schließlich am Ziel ihrer Träume: Die Kielerin gewinnt zum ersten Mal ein Grand-Slam-Turnier. Durch einen Final-Erfolg gegen Serena Williams (USA) siegt sie bei den Australian Open in Melbourne.
Kerber steckt die neue Aufmerksamkeit nach dem großen Triumph nicht so leicht weg. Sie kassiert Erstrunden-Niederlagen, kommt schwer wieder in Tritt. Ende April platzt dann aber in Stuttgart der Knoten: Zweisatz-Sieg im deutschen Finale gegen Laura Siegemund und Tour-Titel Nummer neun.
Bei den French Open noch in der ersten Runde gescheitert, trumpft Kerber in Wimbledon groß auf. Ohne Satzverlust marschiert die Kielerin ins Finale. Dort unterliegt sie Serena Williams. Doch sie hat bestätigt, dass sie eine dauerhafte Sieganwärterin ist.
Bei den Olympischen Spielen in Rio trumpft Kerber ebenfalls groß auf, kämpft sich bis ins Finale. Dort muss sich die Kielerin allerdings mit Silber begnügen. Monica Puig aus Puerto Rico ist an diesem Tag einfach zu stark.
Bei den US Open jubelt Kerber nicht nur über den Einzug in ihr drittes Grand-Slam-Finale des Jahres, sondern auch den Sprung auf Platz eins der Tenniswelt. Entscheidend dafür ist der Halbfinal-Erfolg der Tschechin Karolina Pliskova über Serena Williams. Kerber selbst, die als eine der härtesten Arbeiterinnen der Tour gilt, besiegt in der Vorschlussrunde Caroline Wozniacki.
In einem hochdramatischen Finale besiegt Kerber Pliskova in drei Sätzen und sichert sich in New York den zweiten Grand-Slam-Titel ihrer Karriere. "Es ist einfach unglaublich. All' meine Träume sind in diesem Jahr wahr geworden", jubelt sie.
Der Lohn für die unglaubliche Saison 2016 ist im Dezember die Auszeichnung zur "Sportlerin des Jahres" in Baden-Baden.