Ein Fußball liegt in einem Serverraum auf auf einem Berg von Geldscheinen. © fotolia/F.Schmidt, Phantermedia/maxxyustas

Hintergrund

Football Leaks: Gier, Lügen und geheime Deals

Der Ball ist noch immer rund. Ansonsten ist im professionellen Fußball aber kaum noch etwas, wie es einmal war. Die Mär von den elf Freunden und der schönsten Nebensache der Welt glaubt ohnehin schon lange niemand mehr. Doch die Realität im weltweiten Fußballgeschäft ist noch erschreckender. Dafür gibt es Beweise. Unterlagen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Rund 70 Millionen Football-Leaks-Dokumente, die der "Spiegel" erhalten und mit dem Recherchenetzwerk EIC und dem NDR geteilt hat, erzählen von Gier, Lügen und geheimen Hinterzimmer-Deals.

15 Medien aus 13 Ländern haben sich zusammengeschlossen, um den größten jemals geleakten Datensatz zu untersuchen. Für "Football Leaks" haben 80 Journalisten monatelang zig Tausende vertrauliche Verträge, Sponsorendeals, interne Gutachten und E-Mails aus der Fußballbranche ausgewertet. Die Reporter haben auf vier Kontinenten nachgeforscht, Informationen überprüft, Interviews mit Insidern geführt und die Protagonisten mit ihren Recherchen konfrontiert. Der "Spiegel", das EIC und der NDR werden diese Geschichten in den kommenden Wochen veröffentlichen und den Blick auf die kleinen Mauscheleien und die großen Deals, vorbei an den Kontrollorganen der Clubs und Verbände, freigeben.

Revolution made in München

European Investigative Collaborations (EIC)

Mitglieder:
Der Spiegel (Deutschland)
Politiken (Dänemark)
Expresso (Portugal)
Le Soir (Belgien)
NRC Handelsblad (Niederlande)
Mediapart (Frankreich)
L'Espresso (Italien)
Nacional (Kroatien)
The Black Sea/Romanian Center of Investigative Journalism (Rumänien)
Standaard (Belgien)

Projektpartner:
Reuters (Großbritannien)
VG (Norwegen)
Tamedia (Schweiz)
PLTV (Frankreich)
NDR (Deutschland)

Die Dokumente bilden den Bodensatz für einen Sumpf aus Profitgier, Maß- und vor allem Ruchlosigkeit in der Fußballbranche. In der bereits Jugendspieler wie Ware hin und hergeschoben werden, kleine Clubs für Kleinigkeiten bestraft und Global Player wie beispielweise Paris Saint-Germain oder Manchester City bei ihren Regelbrüchen von ganz oben gedeckt werden. Der Football-Leaks-Datenschatz birgt viele Themen - und eine Revolution. Mittendrin der deutsche Rekordmeister FC Bayern München.

Die Dokumente sind als "streng vertraulich" eingestuft und erzählen die Geschichte eines elitären Kreises von sieben europäischen Topclubs, die der UEFA den Kampf angesagt haben. Sie verraten, dass die Sieben in geheimen Treffen die Pläne für eine selbstorganisierte Super League so weit vorangetrieben haben, dass sie kurz vor der Umsetzung stehen. Entgegen allen öffentlichen Beteuerungen, Absprachen mit Verbänden und Club-Vertretungen.

Wem gehört der Fußball?

Die bevorstehende Abspaltung des FC Bayern München und Co. von der UEFA wirft die Frage auf: Wem gehört der Fußball? Den Topclubs, die mit der Aufkündigung der Solidarität die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter zu ihren Gunsten aufreißen? Den Verbänden, die kontrollieren sollen, aber oft selbst Teil des Problems sind? Oder den Fans, die dem ganzen Treiben scheinbar machtlos zuschauen?

"Ein unkontrolliertes Monster"

"John" hat da eine klare Meinung. "Die Fußballfans müssen verstehen, dass sie ein unkontrolliertes Monster füttern", sagt der Whistleblower, dessen richtiger Name nicht John ist. Er hat Ende 2015 die Enthüllungsplattform "Football Leaks" aus der Taufe gehoben - nach eigener Aussage mit einigen Mitstreitern. Seitdem fördern John und Co. "aus verschiedenen Quellen" immer wieder brisante Dokumente aus den Untiefen des Profifußballs ans Tageslicht.

2016 vertraute der Whistleblower, der immer wieder beteuert, er und seine Mitstreiter seien keine Hacker, dem "Spiegel" erstmals einen umfangreichen Datensatz an. Das Nachrichtenmagazin wertete die Unterlagen zusammen mit dem Recherchenetzwerk EIC aus und enthüllte unter anderem die Steuerbetrügereien zahlreicher Starkicker.

Whistleblower John: Überraschungen unerwünscht

Seitdem ist John der meistgesuchte Mann in der Fußballbranche und extrem vorsichtig. Ebenso wie Rafael Buschmann. Der "Spiegel"-Redakteur ist der einzige, der Kontakt zu John hat. Die Geschichte von dem Journalisten und dem Whistleblower liest sich bisweilen wie ein Agenten-Thriller. Überraschungen unerwünscht.

Ganz anders als bei den geheimen Dokumenten. Buschmann: "Für mich ist nach wie vor das Überraschendste an Football Leaks, mit was für einer Häufigkeit Funktionäre im Fußball lügen."

Das NDR Recherche-Team zu "Football Leaks"

Katrin Kampling, Sven Lohmann, Hendrik Maaßen, Han Park, Nino Seidel, Birgit Wärnke

Hörfunk-Umsetzung
Moritz Cassalette, Holger Gerska, Hendrik Maaßen

Online-Umsetzung
Andreas Bellinger, Matthias Heidrich, Thomas Luerweg, Sebastian Ragoß

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Dokus im Ersten | 04.11.2018 | 21:45 Uhr

Stand: 02.11.18 18:00 Uhr