Speerwerfer Julius Yego aus Kenia

Julius Yego - Speer-Weltmeister aus dem Läuferland

Land: Kenia Flagge Kenia

Steckbrief

geb. am: 04.01.1989
in Soba River
Verein: Kenya Police

Sportliche Eckdaten

Persönliche Bestleistung:
92,72 m (Afrika-Rekord)
Größte Erfolge
Olympische Spiele:
Silber 2016
12. Platz 2012


Weltmeisterschaften:
Gold 2015
4. Platz 2013


Die Läufer-Nation Kenia hat nun auch einen Speerwurf-Weltmeister: Julius Yego startete seine Karriere mit Stöcke-Werfen und YouTube-Videos. Bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro gewann er 2016 die Silbermedaille.

Dass im Hochland von Kenia aus talentierten Kindern immer mal wieder Weltklasse-Läufer werden, ist bekannt. Doch der Junge, der am 4. Januar 1989 im Nandi District als viertes von sieben Geschwistern das Licht der Welt erblickte, sollte sich später weniger für Laufschuhe und Spikes interessieren. Zwar bewunderte er 1.500-m-Olympiasieger Kipchoge Keino und Marathon-Star Paul Tergat, doch ein Schulerlebnis brachte ihn vom Laufen ab. "Als ich 13 war, wurde ich bei einem 10.000-Meter-Rennen von zwei anderen überrundet. Das war es dann für mich". Viel mehr begeisterte er sich dafür, beim Kühehüten Äste und Zweige am Wegesrand aufzusammeln und sie in hohem Bogen von sich zu schleudern. "Während ich die Kühe im Auge hatte, habe ich Holzstöcke geworfen. Das hat mein Interesse am Speerwurf geweckt", sagt Julius Yego über seine Anfänge. Heute ist der Afrikaner eine Sensation: In Peking krönte er sich als erster Kenianer überhaupt außerhalb der Lauf-Wettbewerbe zum Weltmeister - mit der Weltjahresbestleistung von 92,72 Metern.

Coup mit Ansage

Dabei führte Yego im Frühsommer 2015 die Weltjahresbestenliste an. Beim Diamond-League-Meeting in Birmingham übertraf er mit 91,39 Meter erstmals in einem Wettkampf die 90-Meter-Marke. Es war zugleich der weiteste Speerwurf seit neun Jahren und natürlich Afrika-Rekord. Die Kampfrichter wollten Yego die Marke zunächst streitig machen. Der Wurf wurde ungültig gegeben, weil der Speer angeblich außerhalb des Sektors gelandet war. Doch Yego legte Protest ein und hatte Erfolg. Der in der Speerwurf-Szene lange Zeit als Exot beäugte Afrikaner ließ in diesem Wettkampf ein illustres Feld hinter sich: Olympiasieger Keshorn Walcott, Weltmeister Vitezslav Vesely, Europameister Antti Ruuskanen. Es war ein Coup mit Ansage: Yego hatte zuvor innerhalb weniger Tage gleich zweimal seine persönliche Bestleistung gesteigert: Beim Sportfest in Ostrava am 26. Mai warf er 86,88 m, am 4. Juni in Rom 87,71 m.

Autodidakt dank "YouTube"

Seine Leistungsexplosion verdankt Yego fachkundiger Unterstützung aus der finnischen Speerwurf-Schule. An der Seite von Ruuskanen und Tero Pitkämäki, Weltmeister von 2007, bereitete er sich unter der Leitung von Trainer Petteri Piironen auf die Weltmeisterschaften 2015 in Peking vor. Pitkämäkis Hilfe hatte Yego schon vor Jahren in Afrika in Anspruch genommen - wenn auch nur visuell. Weil ihn in Kenia kein Trainer mehr besser machen konnte, bildete er sich im Internet weiter. Bei "YouTube" studierte er Videos von Weltrekordler Jan Zelezny, Doppel-Olympiasieger Andreas Thorkildsen und eben Pitkämäki. "The YouTube Athlete" wurde der mit 1,73 Meter nicht gerade über Idealmaße verfügende Yego getauft, als er ins Rampenlicht trat.

Kenias erster Speerwerfer bei Olympia

Der Durchbruch kam im Jahr 2012. Yego wurde Afrikameister und qualifizierte sich als erster kenianischer Speerwerfer für Olympia. 44 Kenianer gingen in London an den Start - Yego war der einzige Nicht-Läufer. Mit 81,81 m stellte er in der Qualifikation einen Landesrekord auf und belegte Platz zwölf. Bei der WM 2013 in Moskau kratzte er dann schon an einem Medaillenrang. Mit 85,40 m - wiederum persönlicher Bestleistung - lag er im Luschniki-Stadion auf Bronze-Kurs, ehe ihn Lokalmatador Dmitri Tarabin im letzten Durchgang noch abfing.

Mit Gottes Hilfe ganz nach oben

Als Afrika-Meister und Sieger der Commonwealth Games hatte Yego 2014 dann ein sehr erfolgreiches "Zwischenjahr". 2015 trat der Exot in die Fußstapfen von Marius Corbett. Der Südafrikaner wurde 1997 in Athen Weltmeister, seither hatte kein Afrikaner in dieser Disziplin mehr eine WM-Medaille gewonnen. Yego änderte das und vertraute dabei auch ein bisschen auf himmlischen Beistand: "Gott ist ein großer Geber", sagt er. "Er lässt seine Leute niemals im Stich, wenn sie ihm ein kleines Gebet widmen."

Aufgegeben und noch Silber gewonnen

Spätestens nach dem WM-Titel von Peking hatte der Exot unter den Speerwerfern Grund genug, vom ganz großen Wurf zu träumen: Goldmedaille bei Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro. Und Yego fing gut an, schleuderte den Speer im ersten Versuch auf 88,24 m - das musste reichen. Eigentlich, denn im vorletzten Durchgang fing ihn Thomas Röhler aus Jena noch ab. Yego konnte da längst nicht mehr eingreifen. Er hatte sich verletzt und war unter Tränen aus dem Stadion gefahren worden und dürfte nicht bemerkt haben, dass sein erster Wurf für die Silbermedaille reichte - die erste olympische Medaille im Speerwurf für einen Kenianer überhaupt.

Dieses Thema im Programm:

Sportschau live, 21.08.2016, 07.00 Uhr

Stand: 01.08.17 12:44 Uhr