Das Beachvolleyball-Stadion in Tokio © imago images/Xinhua

Tokio

Beachvolleyball im Shiokaze Park: Perfekte Partyzone ohne Publikum

von Matthias Heidrich

Horse Guards Parade in London 2012 und Copacabana in Rio 2016: An den Beachvolleyball-Hotspots der vergangenen Spiele pulsierte das Olympia-Leben. Der Shiokaze Park in Tokio hat ebenfalls Party-Potenzial, wäre da nicht das Problem mit dem fehlenden Publikum.

Abendsession im Schatten der grün erleuchteten Rainbow-Bridge in der Bucht von Tokio: Die stechende Sonne des Tages ist untergegangen und hat die Hitze mitgenommen. Eine leichte Brise weht durch das Beachvolleyball-Stadion im Shiokaze Park. Julius Thole und Clemens Wickler treten gegen die Olympia-Zweiten von Rio, Paolo Nicolai und Daniele Lupo aus Italien, an. Das Flutlicht strahlt, die Stadionsprecher geben alles, der DJ lässt die Bässe wummern.

"Everybody clap your hands"

"Everybody clap your hands", dröhnt es aus den Boxen. Ein surrealer Moment, denn es ist ja niemand da, der in die Hände klatschen könnte. Ausgenommen der beiden italienischen Reporter auf der Pressetribüne, die "ihr" Duo mit lauten Anfeuerungsrufen empfangen und einer kleinen deutschen Delegation, die sich aber vornehm zurückhält. Der Rest ist ein Meer aus 12.000 leeren blauen Sitzen. "Wenn man da hochguckt, würde man sich manchmal auch Zuschauer wünschen", wird Thole nach der 1:2-Auftaktniederlage mit etwas Wehmut sagen. "Aber auch so ist es grandios, das erste Mal hier zu stehen."

Party an der Copacabana - Bilder aus einer anderen Welt

Für ihn und seinen Partner Clemens Wickler sind es die ersten Spiele. Augen für einen Blick zurück in die Beachvolleyball-Party-Vergangenheit haben sie während ihres hart umkämpften Matches nicht. Über die Video-Leinwände des leeren Stadions flimmern ab und zu Szenen aus Rio. Bilder aus einer komplett anderen Zeit.

Vor fünf Jahren war Corona noch weit weg und die Copacabana die Partyzentrale der Spiele von Rio. Tausende Fans feierten am berühmtesten Strand der Welt und quasi der Heimat des Beachvolleyballs die Athleten, die Spiele, sich selbst. Die "Golden Girls" Laura Ludwig und Kira Walkenhorst wühlten sich durch Rios Sand bis zum Olympiasieg. Mehr ging nicht.

"Es ist so bitter, dass die Zuschauer hier nicht dabei sein können und alles miterleben dürfen. Da kriege ich schon wieder Gänsehaut." Olympiasiegerin Laura Ludwig

"Rio ist immer in meinem Kopf und wird immer in meinem Herzen bleiben, weil es ein Riesenerlebnis war und mich immer noch pusht", sagt Ludwig. Dass in Tokio die Zuschauer draußen bleiben müssen, "schmerzt definitiv", so die 35-Jährige. "Gerade, weil die Venues hier ganz toll sind. Die Japaner geben sich super viel Mühe, mit einer Wahnsinnsorganisation."

"Aufgeht's Deutschland, aufgeht's"

Im Shiokaze Park in Tokio lässt sich der DJ nicht beirren. Er ist gut drauf, er will seinen Job machen und sei es "nur" für das deutsche Duo Thole/Wickler, das wackelt. "Aufgeht's Deutschland, aufgeht's", haut der Zeremonienmeister raus. Mit seinen orange getönten Sonnenbrillengläsern sieht der DJ wohl alles etwas farbenfroher, als es ist.

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Zuschauer hin oder her, zum Beachvolleyball gehört ein DJ - auch in Tokio.

In London 2012 war das Publikum bunt. "Sehr international", wie sich ARD-Experte Julius Brink erinnert. Damals feierte er zusammen mit Jonas Reckermann und frenetischen Fans im Rücken den Olympiasieg an der altehrwürdigen Horse Guards Parade. Eine Wettkampfstätte, die aus den ohnehin stimmungsvollen Spielen an der Themse noch einmal herausstach. Brink denkt gerne zurück.

"Ein wunderschönes Venue mitten in London. Und die Stimmung war überragend." Olympiasieger und ARD-Experte Julius Brink

Der schöne Shiokaze Park in der Bucht von Tokio hätte ein würdiger Nachfolger der Horse Guards Parade und Copacabana sein können. Perfekt angerichtet ist alles für eine weitere große olympische Beachvolleyball-Party. Allein, es darf niemand kommen. "Ohne Zuschauer ist alles nichts", würde Fußball-Startrainer Pep Guardiola wohl dazu sagen.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Sportschau | Olympia Tokio 2020 | 22.07.2021 | 09:05 Uhr

Stand: 26.07.21 17:07 Uhr