Die weißrussische Sprinterin Kristina Timanowskaja im 100m Lauf bei den olympischen Spielen. © IMAGO / Bildbyran

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Olympia: Timanowskaja hofft auf Sicherheit - und will Karriere fortsetzen

Aus einer harmlosen Kritik an der Aufstellung der belarussischen Sprintstaffel ist ein Politikum internationalen Ausmaßes geworden: Die um ihren Olympia-Start gebrachte Sprinterin Kristina Timanowskaja hofft auf Sicherheit in Polen, das ihr ein Visum erteilt hat. Das IOC hat Ermittlungen gegen Belarus aufgenommen, derweil werden internationale Forderungen nach Sanktionen gegen die belarussische Spitze um Machthaber Alexander Lukaschenko immer lauter.

Kurz vor ihrer Abreise nach Polen am Mittwoch (04.08.2021) forderte Timanowskaja in einem Video-Interview der Nachrichtenagentur AP Ermittlungen gegen den belarussischen Cheftrainer und eine mögliche Bestrafung. Sie erwarte von den Sportbehörden, "die Situation zu untersuchen, wer hat die Anweisung gegeben, wer hat wirklich die Entscheidung getroffen, dass ich nicht mehr teilnehmen darf".

Die Athletin, die zuvor belarussische Funktionäre kritisiert hatte, war laut der Opposition ihres Landes einer drohenden Entführung von den Olympischen Spielen entkommen. In der "Bild"-Zeitung berichtete Timanowskaja, es sei ihr gar nicht um Politik gegangen, sondern lediglich um die Aufstellung der Sprint-Staffel. "Ich habe nur kritisiert, dass unsere Cheftrainer über das Staffellauf-Team entschieden haben, ohne sich mit den Sportlern zu beraten", erklärte sie. "Dass das solche Ausmaße annehmen und zu einem politischen Skandal werden kann, hätte ich nie gedacht."

Timanowskaja will Karriere fortsetzen

Die belarussische Athletin hatte sich am Flughafen Haneda an die japanische Polizei gewendet, weil sie nach eigener Aussage zur Heimreise nach Minsk gezwungen werden sollte. "Sie haben mir klar gemacht, dass ich bei meiner Rückkehr definitiv eine Art der Bestrafung erhalten werde", sagte Timanowskaja der AP. Was sie erwarte, sei wenig verschleiert worden. Sie wünsche sich nun eine sichere Ankunft in Europa, um sich mit ihren Helfern über die nächsten Schritte zu beraten.

"Ich würde sehr gern meine sportliche Laufbahn fortsetzen, weil ich erst 24 bin und Pläne für mindestens zwei weitere Olympische Spiele hatte", sagte sie. Im Moment aber sorge sie sich nur um ihre Sicherheit.

Timanowskajas Ehemann ist in der Ukraine

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba erklärte indes, dass die Behörden in seinem Land im Kontakt mit Timanowskajas Ehemann Arseni Sdanewitsch stehen. Zhdanevich sei in dieser Woche in die Ukraine gereist. "Wir leisten während seines Aufenthalts hier die notwendige Hilfe und werden alles tun, damit er sich trotz der schockierenden Nachrichten sicher fühlt", äußerte sich Kuleba bei Twitter.

Sportler-Bündnisse wie Athleten Deutschland und Global Athlete hatten eine Sperre für das NOK von Belarus gefordert. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) leitete am Dienstag (03.08.2021) eine förmliche Untersuchung ein. "Wir müssen alle Tatsachen feststellen und alle Beteiligten anhören, bevor wir weitere Maßnahmen ergreifen", sagte Sprecher Mark Adams und kündigte gleichzeitig an: "Diese Dinge brauchen Zeit."

Freitag: "Habe nicht viel Hoffnung auf eine Aufklärung"

Dagmar Freitag (SPD), Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag, befürchtet daher eine zähe Angelegenheit, die sich nicht mehr vor den Augen der Weltöffentlichkeit in Tokio abspielen wird. "Es sieht nicht danach aus, als sollte das Thema während der Olympischen Spiele geklärt werden. Ich habe nicht viel Hoffnung auf eine Aufklärung des Falles, da ich nicht davon ausgehe, dass vom NOK von Belarus substanzielle Antworten auf Fragen des IOC zu erwarten sind."

Maas: "Olympische Prinzipien verachtet"

Auch der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) äußerte sich zum Fall Timanowskaja und kritisierte die Regierung von Belarus scharf. "Die Machthaber in Minsk haben mit der versuchten Verschleppung von Kristina Timanowskaja gezeigt, dass sie ihre eigenen Sportlerinnen und Sportler - und damit auch die olympischen Prinzipien - verachten", sagte Maas der "Rheinischen Post". Das Regime von Machthaber Alexander Lukaschenko sei politisch und moralisch bankrott. "Leistungsträgerinnen und Leistungsträger der Gesellschaft sind gezwungen, ihrem Heimatland den Rücken zu kehren."

Morawiecki kündigt weitere Solidarität für Belarus an

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki forderte indes, die "Aggression der belarussischen Sicherheitsdienste auf japanischem Gebiet" müsse auf "entschiedenen Widerspruch der internationalen Gemeinschaft stoßen". Das humanitäre Visum für die Leichtathletin will er als Signal verstanden wissen. Polen werde weiter verfolgte belarussische Oppositionelle und das gesamte belarussische Volk unterstützen. "Wir lassen euch nicht allein", sagte Morawiecki.

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Sportschau | Olympia Tokio 2020 | 03.08.2021 | 00:55 Uhr

Stand: 03.08.21 20:39 Uhr

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Aktueller Medaillenspiegel
Platz Land G S B
1. Flagge USA USA 39 41 33
2. Flagge Volksrepublik China CHN 38 32 18
3. Flagge Japan JPN 27 14 17
4. Flagge Großbritannien GBR 22 21 22
5. Flagge Russisches Olympisches Komitee ROC 20 28 23
6. Flagge Australien AUS 17 7 22
7. Flagge Niederlande NED 10 12 14
8. Flagge Frankreich FRA 10 12 11
9. Flagge Deutschland GER 10 11 16
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