Der russische Tennisspieler Daniil Medvedev wischt sich den Schweiß vom Kopf. © imago images/Xinhua

Tennis

Hitze bei Olympia: Tennis verlegt, Medwedew fragt nach Verantwortung

von Chaled Nahar

Die Bedingungen bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio sind teilweise extrem, die Temperaturen übersteigen bei einer hohen Luftfeuchtigkeit häufig 30 Grad Celsius. Eine Spielerin musste nach einem Hitzschlag aufgeben, der internationale Tennisverband veränderte nun den Zeitplan.

Der russische Weltranglistenzweite Daniil Medwedew reagierte mit deutlichen Worten auf eine Frage des Schiedsrichters, ob es ihm gut gehe. "Mir geht es gut, ich kann das Spiel beenden - aber ich kann auch sterben", sagte Medwedew. Und er fragte im Anschluss, was dann passieren würde. "Wenn ich sterbe, wird die ITF (die internationale Tennis-Föderation, Anm. d. Red.) die Verantwortung übernehmen?"

Bei den Damen kam es wegen der Hitze zu einer Aufgabe. Paula Badosa aus Spanien erlitt einen Hitzschlag und musste mit einem Rollstuhl vom Platz gebracht werden. Sie zog sich auch aus dem Mixed-Wettbewerb zurück, in dem sie mit Pablo Carreño Busta gestartet war. "Es ist schade, das Turnier so beenden zu müssen. Es war vom ersten Tag an eine schwierige Aufgabe. Wir haben versucht, uns so gut wie möglich anzupassen, aber heute hat mein Körper nicht so gehalten, wie es nötig war", sagte Badosa. "Ich habe einen Hitzschlag erlitten." Die ITF reagierte nun mit einer Änderung des Zeitplans.

Spiele um 15 Uhr statt um 11 Uhr

Eine Nahaufnahme von Tennisbällen bei den Olympischen Spielen in Tokio. © IMAGO / Agencia EFE

Die Tennisspieler leiden unter den extremen Wetterbedingungen in Tokio.

"Nach ausführlichen Beratungen mit den wichtigen Interessengruppen" habe die ITF entschieden, aufgrund der zunehmenden Hitze und Luftfeuchtigkeit den Zeitplan der Tennisturniere bei den Spielen in Tokio zu verändern. Die Matches sollen nun um 15 Uhr japanischer Zeit (8 Uhr MESZ) statt bisher um 11 Uhr beginnen, teilte der Verband mit.

"Tennis gehört zu den Ausdauersportarten", sagte Novak Djokovic, der in Tokio bislang drei Matches absolviert hat. "Ich spiele seit 20 Jahren professionell Tennis und bin in meinem ganzen Leben noch nie täglich hintereinander mit solchen Bedingungen konfrontiert worden."

Zehn Minuten Pause laut ITF möglich

Die "Extremwetterregularien" der ITF erlauben eine Pause von zehn Minuten zwischen dem zweiten und dritten Satz, wenn beide Spieler zustimmen. Medwedew nutzte diese Zeit für eine kalte Dusche. "Schon vom ersten Satz an fühlte ich mich mit meiner Atmung nicht gut genug. Und dann im zweiten Satz hatte ich einfach Dunkelheit vor meinen Augen", sagte der 25-jährige Russe. Er habe "Glück gehabt", dass er sein Spiel fortsetzen konnte.

In Tokio finden fünf Tennisturniere statt: Damen und Herren spielen jeweils im Einzel und im Doppel, hinzu kommt die Konkurrenz im Mixed.

Gefahr eines Hitzschlags: Schäden an Organen

Auch andere Sportarten sind mit den Problemen konfrontiert. Die deutsche Ruderin Leonie Menzel brach nach ihrem Vorlauf am Freitag (23.07.2021) bei 32 Grad Celsius im Boot zusammen, eine russische Bogenschützin erlitt einen Hitzschlag. Ob neben Tennis weitere Sportarten zeitlich anders gestaltet werden, ist nicht bekannt.

Der Sportwissenschaftler Dieter Leyk warnte in der Sportschau: Bei einem Hitzschlag würden im Organismus die innersten Zellen der Blutgefäße geschädigt, es könne in allen Organen zu großen Schäden bis hin zum Multi-Organversagen kommen, sagte Leyk. "Bei einem Verdacht auf Hitzschlag muss der Sportler sofort aus dem Wettkampf genommen werden. Es zählt jede Minute."

Marathon-Läufe und Gehen in kühleres Sapporo verlegt

Dass es in Tokio heiß werden würde, war vor den Spielen klar. Deshalb hatte das Internationale Olympische Komitee bereits 2019 vor dem ursprünglichen Termin der Spiele festgelegt, dass die beiden Marathonläufe und die Rennen im Gehen nicht in Tokio, sondern in Sapporo stattfinden werden. In der Stadt, die rund 800 Kilometer nördlich von Tokio liegt, werden rund zehn Grad kühlere Temperaturen erwartet.

Beim Marathon der Frauen während der Leichtathletik-WM 1991 in Tokio hatten 38 Prozent der Läuferinnen nicht das Ziel erreicht, was lange die schlechteste Quote der WM-Geschichte war. Unterboten wurde sie erst 2019 in Doha/Katar, als 41 Prozent der Läuferinnen das Ziel nicht erreichten, obwohl der Lauf wegen der Hitze nachts ausgetragen wurde.

 

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Sportschau | Olympia Tokio 2020 | 29.07.2021 | 00:50 Uhr

Stand: 29.07.21 06:43 Uhr