Frank Busemann blickt in eine Glaskugel (Montage) © picture alliance, fotolia.com Foto: Sascha Baumann, Klaus Eppele

Wurf

Busemanns Olympa-Orakel: Mit dem Speer kann (fast) nichts schiefgehen

In den Wurfdisziplinen hat Deutschland gleich mehrere aussichtsreiche Medaillenkandidaten, ist sich ARD-Leichtathletik-Experte Frank Busemann sicher. Besonders mit dem Speer könnte es Gold für den Deutschen Leichtathletik-Verband geben. Christin Hussong und Johannes Vetter sind die großen Favoriten.

Männer

Kugel

Das Kugelstoßen findet leider ohne deutsche Beteiligung statt. Die Nachfolge von David Storl ist noch nicht geklärt und wir hoffen, dass wir starke deutsche Männer demnächst wieder mit klein wirkenden Kügelchen in riesigen Männerpranken sehen werden. Die kann man nämlich weit wegwuchten, wie wir am neuen Weltrekordler Ryan Crouser gesehen haben. Ein Uraltrekord von 1990 ist nun Geschichte, und vielleicht setzt er in Tokio noch einen drauf. Nach dem epischen Finale von Doha verspricht der Kampf an der Spitze dieses Mal das Duell Crouser vs. Weite zu werden.

Diskus

In diesem Jahr wird der Nachname des Olympiasiegers nicht Harting sein. Das ist schon mal sicher, und wenn man es sich genau überlegt, immer noch abgefahren, dass zwei Brüder hintereinander gewinnen. Der Olympiadritte von Rio, Daniel Jasinski, ist dabei, und nach einer langen Leidenszeit kommen die Spiele für ihn gerade recht, denn die Form wird von Monat zu Monat immer besser. Eine Wiederholung seines Wahnsinnserfolges von vor fünf Jahren scheint vermessen, aber in einer großen Schüssel zu werfen, ist nicht Jedermanns Sache - und Jasinski hat es schon mal bewiesen. Und er hat nichts zu verlieren, er kann befreit seine zweiten Spiele genießen. Und beim Diskusschmeißen muss man locker sein. Clemens Prüfer und David Wrobel folgen knapp dahinter (die drei Herren tummeln sich mit ihren Saisonbestleistungen innerhalb von 17 Zentimetern) und mussten sich schon im innerdeutschen Fight um die drei Plätze behaupten. Daniel Stahl vorn wird das Maß der Dinge sein. Der Weltmeister will den 22-jährigen Kristjan Ceh auf Distanz halten. Die größten Männer im deutschen Team müssen in der Quali das Scheibchen hübsch erwischen und es kann in das Finale gehen. Drei Deutsche unter den besten zwölf der Welt zu bekommen wird schwer, aber ich wäre dafür. Wer noch?

Hammer

Endlich haben wir wieder einen deutschen Hammerwerfer im Team. Tristan Schwandke hat in den letzten Jahren den Dreh immer besser raus und stabilisiert sich um die 75 Meter. Zur richtigen Zeit in den Bereich seiner Bestleistung zu kommen, könnte das Finale bedeuten. Locker bleiben, Spur halten und weg das Ding. Vorn wird sich der Pole Fajdek mit dem Ami Winkler auseinandersetzen.

Speer

Johannes Vetter © imago images / Beautiful Sports

Deutschlands große Goldhoffnung im Speerwerfen: Johannes Vetter.

Alles außer Gold ist doof. Für Johannes Vetter zählt nichts anderes. Er gewinnt nach Belieben, er lässt seine Konkurrenz wie mittelklassige Abiturienten aussehen, die Gymnastik-Tanz abgewählt haben. Die sind mit Würfen an die 90 Meter echt wirklich gut. Aber Vetter wirft halt drüber. Die beiden letzten Wettkämpfe vor Tokio waren schlappe 86-Meter-Würfe, aber da war er auch sauer. Zurecht. So einem Koloss kannste keinen flutschigen Teppich zum Abwerfen da hinlegen. Würde der Amateur nicht im geringsten merken, er würde sich vielleicht noch freuen, weil die Stauchung etwas abgemildert wird, aber bei Vetterschen Kampfmaschinen ist das Murks. Der braucht es hart. Bekommt er in Tokio. Die Frage ist nur: Hat er sechs oder zehn Meter Vorsprung? Doch darin liegt auch die Gefahr. Wer sich seiner Sache zu sicher ist, kann ins Straucheln geraten. Aber da wirft ja der Vetter und nicht irgendwer. Julian Weber hat sich in Gateshead in diesem seltsamen Diamond-League Modus auf Platz zwei geworfen, was Selbstvertrauen für die Olympischen Spiele gibt. Mit Bernhard Seifert kämpft er um den Einzug ins Finale.

Frauen

Kugel

Wer das Kugelstoßen gewinnen will, muss über 20 Meter stoßen. Das Niveau ist nicht so explosionsartig gestiegen wie bei den Männern, aber diese Marke ist ein guter Richtwert für die glänzende Medaillenvergabe. Christina Schwanitz stieß das letzte Mal vor fünf Jahren soweit und war vor zwei Jahren noch Dritte bei den Weltmeisterschaften. In diesem Jahr flog die Kugel nach einigen Verletzungssorgen noch nicht so weit - und Sara Gambetta schickt sich an, die neue deutsche Nummer eins zu werden. Für Katharina Maisch ist Tokio der vorläufige Karrierehöhepunkt, aber noch lange nicht der letzte, verbessert sie sich doch Jahr für Jahr. Alle drei können ins Finale der zwölf Weltbesten kommen.

Diskus

Kristin Pudenz © dpa-Bildfunk Foto: Michael Kappeler/dpa

Für Kristin Pudenz ist in Tokio eine Medaille realistisch.

Im Diskuswerfen findet auf dem Papier gerade eine Wachablösung statt. Keine Perkovic vorne, keine Perez vorn, sondern die 21-jährige Holländerin Jorinde van Klinken. Als Erdkunde-LK-Abiturient vermute ich aber gute Thermik des Wettkampfes, der die Scheibe jenseits der 70 Meter beförderte. Aber das muss Frau erst mal werfen. Dennoch glaube ich nicht, dass sie die Etablierten und vor allem die "weite der Weltbestenliste und Goldfavoritin, Valarie Allman, gefährden kann. Van Klinken wird sich mit Kristin Pudenz einen Kampf um die Plätze liefern. In diesem Jahr hat die Potsdamerin schon früh in der Saison über 66 Meter geworfen und versucht in Tokio vielleicht die Schwäche der einen oder anderen Konkurrentin auszunutzen. Marike Steinacker und Claudine Vita müssen versuchen, an ihre Form anzuknüpfen und schaffen bei einem guten Wurf den Sprung ins Finale.

Hammer

Das Hammerwerfen war lange Zeit die Domäne der Polin Wlodarczyk, aber jetzt drängen auch bei den Frauen die amerikanischen Werferinnen in den Fokus um Gold und Silber. Samantha Borutta hat mit dem Sieg bei den U23-Europameisterschaften ihr Jahres-Soll schon erreicht, das hier wird eine pure Zugabe. So befreit lässt es sich gut werfen.

Speer

Die Favoritin hat einen Namen: Christin Hussong. Schaut man sich die Resultate in diesem Jahr an, dann steht es 5:2:2:1 für die 27-jährige Deutsche. Von den zehn besten Wettkämpfen der Saison gehören ihr die Hälfte, und die anderen fünf Leistungen teilen sich auf drei Athletinnen auf. Vorn die Polin Andrejczyk hatte diesen Glücksschuss, den man mal für Rekorde braucht, aber beständig ist sie nicht. Maggie Malone aus den USA hatte zwei Glückswürfe und die Chinesin Lyu war eher im Frühjahr gut. Alles spricht für Hussong. Hoffentlich liest sie das nicht. Rein mathematisch ist fünfmal einen raushauen ja Können, und wenn sie die Tradition deutscher Speerwerferinnen fortsetzt, dann könnte in Tokio der ganz, ganz große Wurf bei rauskommen. Wenn ich das Geschriebene so lese, dann will ich es wieder löschen, das liest sich alles zu offensichtlich und einfach, aber das ist es eben nicht! Wenn Speerwerfen einfach wäre, dann bräuchten wie diesen Wettkampf nicht. Es könnte klappen…

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Sportschau | Olympia Tokio 2020 | 29.07.2021 | 00:50 Uhr

Stand: 29.07.21 01:51 Uhr

Das ist Frank Busemann

Geboren:
26. Februar 1975 (Recklinghausen)
Disziplinen:
Zehnkampf, Hürdensprint
Sportliche Erfolge:
Olympia-Silber 1996 (8.706 Punkte)
WM-Bronze 1997 (8.652 Punkte)
U23-Europameister 110 m Hürden 1997 (13,54 Sek.)
Juniorenweltmeister 110 m Hürden 1994 (13,47 Sek.)
Auszeichnungen:
Rudolf-Harbig-Gedächtnispreis 2004
Sportler des Jahres 1996
Karriereende:
23. Juni 2003
Karriere nach der Karriere:
Vorträge/Seminare zum Thema Motivation
Buch-Autor
ARD-Leichtathletik-Experte
(Morgenmagazin, Das Erste, sportschau.de)

Medaillenspiegel

Aktueller Medaillenspiegel
Platz Land G S B
1. Flagge USA USA 39 41 33
2. Flagge Volksrepublik China CHN 38 32 18
3. Flagge Japan JPN 27 14 17
4. Flagge Großbritannien GBR 22 21 22
5. Flagge Russisches Olympisches Komitee ROC 20 28 23
6. Flagge Australien AUS 17 7 22
7. Flagge Niederlande NED 10 12 14
8. Flagge Frankreich FRA 10 12 11
9. Flagge Deutschland GER 10 11 16
Stand nach 339 von 339 Entscheidungen.

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