Leichtathletik

Für Speerwerfer Johannes Vetter zählt nur Olympia-Gold

Johannes Vetter hat im Speerwurf die Konkurrenz zuletzt fast nach Belieben dominiert. Mit seinem 20. Sieg in Folge könnte er bei den Olympischen Spielen in Tokio seinen größten Erfolg feiern. Einige sehen ihn schon auf den Spuren eines jamaikanischen Wunderläufers.

Wenn Johannes Vetter am Mittwoch (04.08.2021/ab 3.05 Uhr MESZ im Livecenter auf sportschau.de) das Olympiastadion in Tokio zur Qualifikation im Speerwurf-Wettbewerb betritt, weiß man, dass er "Riesenbock" auf die Sache hat. Die Sache mit dem Goldgewinnen. "Das Ziel ist Gold, ganz klar! Ich weiß, was ich drauf habe. Ich kenne mein Potenzial, und das möchte ich am Tag X natürlich dann auch auf den Platz bringen", erklärte der 28-Jährige vor dem Start der Sommerspiele im Aktuellen Sportstudio des ZDF.

Viele sagen, der Offenburger könne sich nur selbst schlagen. Seit den Weltmeisterschaften Anfang Oktober 2019 in Doha hat er jeden Einzelwettkampf gewonnen, bei dem er angetreten ist - 19 Siege in Folge fuhr er ein.

Die Konkurrenz folgt mit reichlich Abstand

Auch in diesem Jahr war Vetter zu stark - oder die Konkurrenz zu schwach. Er ist der einzige in seiner Disziplin, der die 90 Meter knacken konnte. Ende Mai katapultierte er den Speer im polnischen Chorzów auf 96,29 Meter. In der offiziellen Jahresbestenliste taucht der Name Vetter auf den ersten sieben Plätzen gleich sieben Mal auf. Immer über 91 Meter. Jeder dieser Würfe lag über dem olympischen Rekord von 90,57 Meter. Zweitbester Werfer 2021 ist der Pole Marcin Krukowski, dessen 89,55 Meter nicht nur persönlichen, sondern auch Landesrekord bedeuten.

Zu Vetter fehlen dennoch fast sieben Meter. Deswegen will er auch schon in der Qualifikation ein erstes Statement setzen und so vielleicht die Konkurrenz schocken. "Das Ziel ist, dass ein Wurf reicht. Ich laufe an und haue drauf", so Vetter, dessen Blick sowieso nur auf sich geht: "Ich tue gut daran, mich auf mich selbst zu konzentrieren, damit bin ich immer gut gefahren." Wie viel Druck auf ihm lastet, bestimme er selbst. Er selbst verspüre in Japan aber nur zunehmend "positive Anspannung".

Reifeprozess nach dem Tod der Mutter

2016 in Rio, beim Triumph seines Landsmanns Thomas Röhler, wurde Vetter Vierter. Sein Weg an die Spitze verlief danach aber nicht frei von Rückschlägen. Er sei in den vergangenen Jahren "noch mal ganz gut gereift, ich habe viel durchgemacht, sportlich, auch privat", erzählte er. "Ich bin durch einige Täler durch, auch da habe ich es geschafft durchzukommen. Von daher habe ich auch keine Angst vor Niederlagen", meinte Vetter.

Besonders nach dem Tod seiner Mutter 2018 habe er "eine andere Balance im Leben gefunden", sagte er der "Sport Bild". Im Training "bin und bleibe ich immer noch hitzköpfig und habe natürlich enormen Ehrgeiz", sagte der deutsche Rekordhalter, "aber privat und in den Wettkämpfen, wenn es drauf ankommt, bin ich ruhiger und entspannter geworden". Vetters Mutter war an einem Gehirntumor gestorben. "Richtig verarbeiten tut man so etwas nie", erklärte er.

"Auf dem Weg zum Superstar der Leichtathletik"

Trotzdem ist Vetter im Flow, scheint sportlich nicht angreifbar und strahlt auch als Mensch viel Positives aus. "Der lässt seine Konkurrenten aussehen, als wären die in der Kreisklasse unterwegs", sagte ARD-Leichtathletik-Experte Frank Busemann. "Er ist der Usain Bolt der Speerwerfens."

Auch wenn Vetter von Bolts Erfolgen noch so weit entfernt ist wie der Mond von der Erde: Starpotenzial ist auf jeden Fall vorhanden. Das findet auch DLV-Cheftrainerin Annett Stein. Er sei mit "seinem überragenden 90-Meter-Niveau" und "auch mit seiner Persönlichkeit auf dem Weg zu einem Superstar der Leichtathletik", befand sie.

Für Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist der Sieg Vetters ebenfalls fest eingeplant. In einem Videotelefonat mit dem Olympioniken fragte er, ob dieser dabei auch den Weltrekord von Jan Železný (98,48 m) knacken würde. Vetters antwortet mit einem Schmunzeln: "Ich wäre ganz froh mit einer Goldmedaille. Ich hoffe, Sie verzeihen es mir, wenn ich die mit knapp über 90 Metern hole."

Vetter im "Beast Mode" zu Olympia-Gold

Doch es gibt auch mahnende Stimmen im Vetter-Hype. Leichtathletik-Legende Klaus Wolfermann sagte, der Olympiasieg sei "kein Selbstläufer. Es gibt bei Olympischen Spielen auch immer Überraschungen." Darauf müsse Vetter achten. Und wer wüsste es besser als der 75-Jährige, der 1972 in München selbst zum Favoritenschreck wurde und mit zwei Zentimetern Vorsprung gegenüber dem favorisierten Janis Lusis Gold gewann?

Wenn in der Qualifikation aber alles normal läuft und Vetter sich einen Platz im Finale sichert, hat er noch einmal drei Tage Zeit, bevor es dann richtig ernst wird. Am Samstag (07.08.2021), dem vorletzten Tag der Spiele, soll dann der große Wurf folgen. Dann will Vetter im "Beast-Mode" sein und "eine Bombe platzen lassen".

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Sportschau | Olympia Tokio 2020 | 04.08.2021 | 00:55 Uhr

Stand: 03.08.21 19:32 Uhr

Medaillenspiegel

Aktueller Medaillenspiegel
Platz Land G S B
1. Flagge USA USA 39 41 33
2. Flagge Volksrepublik China CHN 38 32 18
3. Flagge Japan JPN 27 14 17
4. Flagge Großbritannien GBR 22 21 22
5. Flagge Russisches Olympisches Komitee ROC 20 28 23
6. Flagge Australien AUS 17 7 22
7. Flagge Niederlande NED 10 12 14
8. Flagge Frankreich FRA 10 12 11
9. Flagge Deutschland GER 10 11 16
Stand nach 339 von 339 Entscheidungen.

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